Bitcoin-Börsen unter der Lupe: Haben sie wirklich so viele Coins, wie sie behaupten?
Transparenz ist in der Welt der Kryptowährungen ein zentrales Thema. Immer wieder stellt sich die Frage: Woher wissen wir eigentlich, wie viele Bitcoins eine Bitcoin-Börse tatsächlich besitzt? Angesichts zahlreicher Skandale in der Vergangenheit – etwa rund um FTX oder Mt. Gox – ist dieses Thema aktueller denn je. Die Antwort liegt in einer Kombination aus On-Chain-Daten, sogenannten „Proof of Reserves“ und einer gesunden Portion Misstrauen.
Bitcoin ist eine offene Blockchain – das bedeutet, alle Transaktionen und Adressen sind öffentlich einsehbar. Theoretisch ließe sich also nachvollziehen, wie viele Bitcoin sich auf bestimmten Wallet-Adressen befinden. Doch hier beginnt die Schwierigkeit: Es ist meist nicht klar, welche Adressen zu welcher Börse gehören. Zwar veröffentlichen manche Plattformen ihre offiziellen Wallets, doch viele tun dies nicht – aus Sicherheitsgründen oder aus Mangel an Transparenz. Auch „Cold Wallets“ – also offline gespeicherte Bitcoin – sind nur schwer mit Börsen in Verbindung zu bringen.
Ein Lösungsansatz ist der Proof of Reserves. Dabei stellt eine Börse kryptografisch nachweisbar dar, dass sie über bestimmte Vermögenswerte verfügt. Dies geschieht meist über sogenannte Merkle Trees, die es ermöglichen, Salden zu beweisen, ohne sensible Kundendaten offenzulegen. Doch auch hier gibt es Grenzen: Der Nachweis zeigt zwar, dass bestimmte Coins vorhanden sind, aber nicht, ob die Börse gleichzeitig Schulden in derselben Höhe oder darüber hinaus hat. Ein Proof of Reserves ohne „Proof of Liabilities“ (also den Nachweis der Verbindlichkeiten) bleibt also unvollständig.
Einige Projekte und Community-Mitglieder – wie etwa Glassnode, Arkham oder Nansen – versuchen, durch Blockchain-Analyse möglichst genaue Wallet-Zuordnungen und Schätzungen zu liefern. Sie identifizieren Adressen von Börsen durch bekannte Transaktionsmuster, frühere Leaks oder öffentlich geäußerte Wallets. So entstehen Datenbanken, die etwa zeigen, wie viele Bitcoin Binance, Coinbase oder Kraken mutmaßlich halten. Doch auch hier bleibt ein Restrisiko: Fehlerhafte Zuordnungen oder bewusste Täuschungen können die Daten verfälschen.
Letzten Endes bleibt nur eines sicher: Absolute Sicherheit gibt es nicht. Vertrauen ist im Bitcoin-Ökosystem gut, Selbstverwahrung ist besser. Wer langfristig in Bitcoin investieren will, sollte seine Coins lieber in einer eigenen Wallet halten – außerhalb der Reichweite von zentralisierten Börsen. Denn wie viel Bitcoin eine Börse angeblich hat, ist das eine. Ob sie im Ernstfall ausgezahlt werden können – das ist die eigentliche Frage.